Die Debatte um die Jobpraxis bei der deutschen Post hat letzte Woche für einigen Wirbel gesorgt: Die Post verlängert befristete Verträge nicht, wenn jemand häufig krank ist. Aber darf sie das? Wir haben nachgefragt bei Benjamin Biere (BB), er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht in Frankfurt
Darf ein Chef grundsätzlich einen befristeten Arbeitsvertrag wegen häufiger Krankheit auflösen?
BB:
Ja, das darf der Arbeitgeber, er muss auch nicht begründen, warum er einen unbefristeten Arbeitsvertrag nicht verlängert. Für den Fall allerdings, dass der Arbeitnehmer sich dagegen wehrt, dass die Befristung überhaupt wirksam das Arbeitsverhältnis zum vereinbarten Termin beendet, müsste der Arbeitgeber nachweisen können, dass er einen wirksamen Befristungsgrund hat.
Wie verhält es sich bei einem unbefristeten Arbeitsvertrag? Darf der Arbeitgeber diesen wegen häufiger Krankheit auflösen?
BB:
Grundsätzlich ja. Eine langfristige Erkrankung kann eine soziale Rechtfertigung für die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses darstellen.
Das ist ein sogenannter Unterfall einer personenbedingten Kündigung, weil man eben sagen kann, dass die Krankheit ein Grund ist, der in der Person des Arbeitnehmers begründet ist. Der kann tatsächlich dazu führen, dass es für den Arbeitgeber nicht mehr zumutbar sein kann, das Arbeitsverhältnis länger fortzusetzen. Also wenn das Arbeitsverhältnis faktisch sinnentleert und wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber eine Belastung wäre, sagt man, der Arbeitgeber darf in so einem Fall das Arbeitsverhältnis beenden.
ABER:
An so eine krankheitsbedingte Kündigung sind von der Rechtsprechung her hohe Anforderungen gestellt. Daher werden Kündigungen wegen häufiger Krankheit von den Arbeitgebern eher selten in Betracht gezogen. Daher werden Arbeitgeber, die einen Arbeitnehmer haben, der oft erkrankt ist, diesen lieber in einem befristeten Arbeitsverhältnis behalten, weil sie ihn dann leichter wieder loswerden können.
Wie oft darf man als Arbeitnehmer eigentlich krank sein?
BB:
Das Gesetz sieht vor, dass man als Arbeitnehmer bis zu 6 Wochen wegen derselben Erkrankung das Gehalt weiter gezahlt bekommt, auch wenn man krank ist. Wenn man länger als 6 Wochen am Stück krank ist, bekommt man zwar kein Arbeitsentgelt mehr, (die gesetzliche Krankenkasse zahlt dann Krankengeld), aber das wirkt sich nicht direkt auf den Arbeitsvertrag aus. Das heißt, es gibt keine Höchstgrenzen, die beispielsweise beinhalten, man dürfe nur 5 mal im Jahr sein.
Es gibt aber Arbeitgeber, die Belohnungen versprechen, wenn Arbeitnehmer kaum krank sind! Wenn sie eine bestimmte Fehlquote nicht überschreiten, wird eine sogenannte Anwesenheitsprämie versprochen. Diese ist umstritten, da man seine Krankheit bzw. seine Gesundheit ja nur begrenzt selbst beeinflussen kann. Das Bundesarbeitsgericht aber hat bisher gegenüber Anwesenheitsprämien für besonders gesunde Arbeitnehmer noch keine Bedenken geäußert.
Allerdings sollten sich Arbeitgeber die Einführung einer Anwesenheitsprämie gut überlegen! Die Prämie verführt einige Arbeitnehmer dazu, auch krank ins Büro zu kommen und ihre Kollegen anzustecken. Zum anderen hat ein Arbeitgeber auch eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Angestellten. Das bedeutet, wenn ein Arbeitnehmer völlig krank und erschöpft an seinem Arbeitsplatz erscheint, muss ihn der Arbeitgeber nach hause schicken. Der Arbeitgeber hat dafür zu sorgen, dass gewisse Anforderungen an die Arbeitssicherheit eingehalten werden! Zur Arbeitssicherheit gehört es auch, nicht durch kranke Kollegen angesteckt zu werden.
Zurück zur Krankschreibung: Erfährt der Arbeitgeber, was mir fehlt, wenn ich das nicht möchte?
BB:
Wenn der Arbeitnehmer nicht möchte, dass der Arbeitgeber erfährt, warum er nicht zur Arbeit kommen kann, muss er es nicht erfahren.
Dabei ist in diesem Fall auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu achten. Es gibt immer 2 Exemplare, auf dem einen sind gewisse codierte Angaben zur Krankheit enthalten, was bekommt die Krankenkasse. Man sollte darauf achten, dass dieses Exemplar nicht aus Versehen beim Arbeitgeber landet, denn der kann die Codes im Internet googeln und so herausfinden, aus welchem Grund man krankgeschrieben wurde.
D.h. der Arbeitgeber sollte wirklich nur den 2. Durchschlag bekommen,
auf dem keine Codes zur Diagnose zu erkennen sind. Selbst bei langfristigen Erkrankungen kann der Arbeitgeber zwar bei der Krankenkasse nachfragen, ob die Arbeitsunfähigkeit auf derselben Erkrankung beruht , weil er ja dann die Gehaltsfortzahlung stoppen kann. Trotzdem bekommt der Arbeitgeber keine Angaben zur Diagnose.
Wann muss eine Krankmeldung beim Arbeitgeber vorliegen?
BB:
Wenn nichts anderes vereinbart ist, sieht die Gesetzgebung vor, dass die Krankschreibung bzw. die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens nach Ablauf des dritten Tages der Erkrankung beim Arbeitgeber vorliegt.
Angenommen der Arbeitnehmer wurde zwei Wochen krank geschrieben, er fühlt sich aber nach einer Woche schon wieder fit, darf er früher zurück an seinen Arbeitsplatz?
BB:
Um als Arbeitgeber auf der sicheren Seite zu sein, sollte dieser von einem Arbeitnehmer in so einem Fall eine Gesundschreibung verlangen, das Problem dabei ist nur, es gibt dafür kein Formular, denn das Gesetz kennt nur eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung und keine Gesundschreibung. Dennoch sollte sich der Arbeitnehmer, wenn er vorzeitig an seinen Arbeitsplatz zurückkehren will, vom Arzt in irgendeiner Form bescheinigen lassen, dass er wieder gesund ist.